Alpine Lärchen- und/oder Arvenwälder
Lebensraumtyp 9420
Kurzbeschreibung
Die alpinen Lärchen-Zirbenwälder bilden lockere, stark stufige bis geschlossene, meist zweischichtige Bestände, deren Unterwuchs häufig von Zwergsträuchern geprägt ist. Durch Beweidung parkähnlich aufgelichtete Lärchen-Bestände sind im Unterwuchs durch eine rasige Vegetation charakterisiert. In optimal ausgebildeten Reinbeständen sind die Bestände entweder nur einschichtig (eventuell als Folge von länger zurückliegender flächiger Nutzung) oder aufgrund der relativ kleinflächigen Verjüngung von Zirbenwäldern reich strukturiert und mehrschichtig.
Die Lärche (Larix decidua) wirft als einziger heimischer Nadelbaum ihre Assimilationsorgane ab, die Zirbe (Pinus cembra) hat besonders frostresistente Nadeln; sie erträgt Temperaturen von unter -40°C. Mit diesen Fähigkeiten können Lärchen-Zirbenwälder die oberste Waldgrenze in den Alpen bilden. Der Lebensraumtyp stellt in den Hochlagen einen natürlichen Lawinen- und Erosionsschutz bis an die Waldgrenze dar.
Biotoptypen
Lärchen- und Lärchen-Zirbenwälder
Karbonat-Lärchen-Zirbenwald
Silikat-Lärchen-Zirbenwald
Karbonat-Lärchenwald
Silikat-Lärchenwald
Kennzeichnende Pflanzenarten
Hauptbaumarten:
Europäische Lärche (Larix decidua)
Zirbe (Pinus cembra)
Begleitbaumarten:
Gemeine Fichte (Picea abies)
Spirke (Pinus uncinata)
Vogelbeere (Sorbus aucuparia)
Strauchschicht:
Grün-Erle (Alnus viridis)
Blaue Heckenkirsche (Lonicera caerulea)
Bergkiefer (Pinus mugo)
Heidelbeere (Vaccinium myrtillus)
über Silikat:
Rostblättrige Alpenrose (Rhododendron ferrugineum)
Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea)
über Kalk:
Schneeheide (Erica carnea)
Alpen-Waldrebe (Clematis alpina)
Bewimperte Alpenrose (Rhododendron hirsutum)
Zwerg-Alpenrose (Rhodothamnus chamaecistus)
Zwerg-Mehlbeere (Sorbus chamaemespilus)
Krautschicht:
Alpen-Brandlattich (Homogyne alpina)
Waldsauerklee (Oxalis acetosella)
über Silikat:
Wolliges Reitgras (Calamagrostis villosa)
Draht-Schmiele (Deschampsia flexuosa)
Kleines Zweiblatt (Listera cordata)
Moosglöckchen (Linnaea borealis) (nur inneralpin)
Gelbliche Hainsimse (Luzula luzulina)
über Kalk:
Rost-Segge (Carex ferruginea)
Kalk-Blaugras (Sesleria caerulea)
Dreiblättriger Baldrian (Valeriana tripteris)
Moosschicht über Silikat:
Gewöhnliches Gabelzahnmoos (Dicranum scoparium)
Etagenmoos (Hylocomium splendens)
Rotstängelmoos (Pleurozium schreberi)
Großes Kranzmoos (Rhytidiadelphus triquetrus)
Charakteristische Tierarten (gemäß FFH- und VS-Richtlinie)
Käfer:
Gekörnter Bergwald-Bohrkäfer (Stephanopachys substriatus)
Vögel:
Raufußkauz (Aegolius funereus)
Haselhuhn (Bonasa bonasia)
Schwarzspecht (Dryocopus martius)
Sperlingskauz (Glaucidium passerinum)
Grauspecht (Picus canus)
Dreizehenspecht (Picoides tridactylus)
Auerhuhn (Tetrao urogallus)
Europa
Zirbenwälder gibt es im Alpenbogen vom Zirbitzkogel in der Steiermark im Osten bis in die Westalpen (Piemont) mit Schwerpunkt vom Engadin bis in die Hohen Tauern. In den Karpaten, besonders in der Hohen Tatra, sind die Lärchen-Zirbenwälder nur noch fragmentarisch ausgebildet.
Österreich
Das Verbreitungsbild der Zirbenwälder ist aufgrund Jahrhunderte langer Holznutzung und Weiderodung lückig. Es konzentriert sich auf die Bereiche der größten Massenerhebungen von den Hohen Tauern mit seinen östlichsten Vorposten am steirischen Zirbitzkogel.
Vorkommen in Natura 2000-Gebieten
AT2102000 Nationalpark Nockberge (Kernzone)
AT2108000 Inneres Pöllatal
AT2109000 Wolayersee und Umgebung
AT2112000 Villacher Alpe (Dobratsch)
AT2115000 Hochmoor bei St. Lorenzen
AT2129000 Nationalpark Hohe Tauern (Kernzone II und Sonderschutzgebiete)
AT2134000 Mittagskogel
AT2209000 Niedere Tauern
AT2209002 Patzenkar
AT2209003 Hochlagen der südöstlichen Schladminger Tauern
AT2209004 Hochlagen der östlichen Wölzer Tauern und Seckauer Alpen
AT2210000 Ennstaler Alpen/Gesäuse
AT2219000 Teile des steirischen Nockgebietes
AT2220000 Zirbitzkogel
AT2243000 Totes Gebirge mit Altausseer See
AT3210001 Hohe Tauern, Salzburg
AT3211012 Kalkhochalpen, Salzburg
AT3303000 Valsertal
AT3305000 Ötztaler Alpen
AT3309000 Tiroler Lech
Status Rote Liste Österreich
- Karbonat-Lärchen-Zirbenwald: gefährdet (3)
- Silikat-Lärchen-Zirbenwald: gefährdet (3)
- Karbonat-Lärchenwald: ungefährdet
- Silikat-Lärchenwald: ungefährdet
Status FFH-Richtlinie
Anhang I
Gefährdungsursachen
- Umwandlung der natürlichen Baumartenmischung (Begünstigung von Baumarten wie Lärche oder Fichte)
- Großflächigere Nutzung (schlechte Regenerierbarkeit)
- Verbiss- und Schälschäden
- Errichtung von touristischer Infrastruktur (besonders Skipisten, Aufstiegshilfen, etc.)
- Klimawandel (z.B. Schwächung der Waldvegetation durch Extremereignisse wie Starkniederschläge, Trockenperioden, Stürme, etc.)
Mögliche Schutzmaßnahmen
- Förderung von Altholzbeständen
- Förderung von – insbesondere stehendem – Totholz im Wald
- Naturnahe Nutzung der Bestände zur Erhaltung unterschiedlicher Entwicklungsstadien
- Förderung der Außernutzungstellung von naturnahen repräsentativen Waldflächen
- Förderung der Naturverjüngung
- Trennung von Wald und Weide
- Wildstandsregulierungen
Erhaltungszustand
Bewertung des Erhaltungszustands des Lebensraumtyps „9420: Alpine Lärchen- und/oder Arvenwälder“ in den biogeographischen Regionen Österreichs für die Berichtsperiode 2007 – 2012:
Alpine Region | Verbreitungsgebiet | Lebensraumfläche | Strukturen & typische Arten | Zukunftsaussichten |
Einzelbewertung | günstig | günstig | günstig | günstig |
Trend | ||||
Gesamtbewertung | günstig | |||
Gesamttrend |
Kontinentale Region | Verbreitungsgebiet | Lebensraumfläche | Strukturen & typische Arten | Zukunftsaussichten |
Einzelbewertung | – | – | – | – |
Trend | ||||
Gesamtbewertung | Schutzgut kommt in der Region nicht vor. | |||
Gesamttrend |
Literatur
Amt der Tiroler Landesregierung, Abt. Forstplanung (Hrsg.) (2016): Waldtypisierung Tirol – Waldtypenkatalog. Innsbruck.
Autonome Provinz Bozen – Südtirol (Hrsg.) (2010): Waldtypisierung Südtirol, Band 2 – Waldgruppen. Naturräume. Autonome Provinz Bozen-Südtirol. Abteilung Forstwirtschaft. Amt für Forstplanung.
Ellmauer, T. (Hrsg.) (2005): Entwicklung von Kriterien, Indikatoren und Schwellenwerten zur Beurteilung des Erhaltungszustandes der Natura 2000-Schutzgüter. Band 3: Lebensraumtypen des Anhangs I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Im Auftrag der neun österreichischen Bundesländer, des Bundesministerium f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und der Umweltbundesamt GmbH, Wien.
Essl, F., Egger, G., Ellmauer, T., Aigner, S. (2002): Rote Liste gefährdeter Biotoptypen Österreichs – Wälder, Forste, Vorwälder. Umweltbundesamt GmbH, Wien.
Frehner, M.; Wasser, B.; Schwitter, R. (2005): Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald. Wegleitung für Pflegemaßnahmen in Wäldern mit Schutzfunktion. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) (Hrsg.). Bern.
Klosterhuber, R.; Vacik, H.: Erfassung der Wälder im Salzburger Anteil des Nationalpark Hohe Tauern (unveröff. Projektbericht 2017)
Mayer, H. (1974): Wälder des Alpenostrandes. Gustav Fischer Verlag. Stuttgart. 344 S.
Nowotny, G.; Pflugbeil, G.; Brunner, E.; Stöhr, O.; Wittmann, H. (2017): Biotoptypen-Steckbriefe. Biotopkartierung Salzburg Revision. Amt der Salzburger Landesregierung, Abteilung 5 – Natur und Umweltschutz, Gewerbe, Referat für Naturschutzgrundlagen und Sachverständigendienst (Hofrat Prof. DI Hermann Hinterstoisser). Salzburg.
Ott, E.; Frehner, M.; Frey, H.-U.; Lüscher, P. (1997): Gebirgsnadelwälder: praxisorientierter Leitfaden für eine standortsgerechte Waldbehandlung. Haupt. Bern, Stuttgart, Wien. 286 S.