Subatlantische oder mitteleuropäische Stieleichenwälder oder Eichen-Hainbuchenwälder
Lebensraumtyp 9160
Kurzbeschreibung
Subatlantische Eichen-Hainbuchenwälder finden sich auf zeitweilig oder dauerhaft feuchten Böden mit hohem Grundwasserstand der kollinen bis submontanen Höhenstufe Österreichs. Die Baumschicht wird von Hainbuche (Carpinus betulus) und Stieleiche (Quercus robur) dominiert. Die Wälder beeindrucken im Frühjahr durch dichte bunte Blütenteppiche.
Die Bestände sind in ihrer Struktur stark von Nutzungen bestimmt. So werden bzw. wurden diese Wälder forstwirtschaftlich häufig als Niederwald genutzt. In der Niederwaldwirtschaft wird der gesamte Gehölzbestand für die Brennholzgewinnung in relativ kurzen Umtriebszeiten (ca. alle 30-60 Jahre) genutzt. Dadurch entstehen bzw. entstanden die auch heute noch lichten Waldbilder.
Durch sekundäre Entwicklung entstandene Vorkommen bedürfen einer gezielten Pflege bzw. einem forstlichen Management.
Biotoptypen
Eichenmischwälder und Eichen-Hainbuchenwälder
Mitteleuropäische und illyrische bodenfeuchte Eichen-Hainbuchenwälder
Kennzeichnende Pflanzenarten
Hauptbaumarten:
Hainbuche (Carpinus betulus)
Gemeine Esche (Fraxinus excelsior)
Traubeneiche (Quercus petraea)
Stieleiche (Quercus robur)
Winterlinde (Tilia cordata)
Begleitbaumarten:
Feldahorn (Acer campestre)
Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus)
Rotbuche (Fagus sylvatica)
Holzapfel (Malus sylvestris)
Vogel-Kirsche (Prunus avium)
Flatterulme (Ulmus laevis)
Strauchschicht:
Gemeine Hasel (Corylus avellana)
Weißdorne (Crataegus spp.)
Gewöhnlicher Spindelstrauch (Euonymus europaeus)
div. Rosengewächse (Rubus div. spec.)
Gewöhnlicher Schneeball (Viburnum opulus)
Krautschicht:
Giersch (Aegopodium podagraria)
Kriechender Günsel (Ajuga reptans)
Bärlauch (Allium ursinum)
Buschwindröschen (Anemone nemorosa)
Wald-Frauenfarn (Athyrium filix-femina)
Wald-Zwenke (Brachypodium sylvaticum)
Zittergras-Segge (Carex brizoides)
Schatten-Segge (Carex umbrosa)
Großes Hexenkraut (Circaea lutetiana)
Rasen-Schmiele (Deschampsia cespitosa)
Süße Wolfsmilch (Euphorbia dulcis)
Riesen-Schwingel (Festuca gigantea)
Gewöhnliche Goldnessel (Lamium galeobdolon)
Nickende Perlgras (Melica nutans)
Blaues Pfeifengras (Molinia caerulea)
Hain-Rispengras (Poa nemoralis)
Vielblütige Weißwurz (Polygonatum multiflorum)
Hohe Schlüsselblume (Primula elatior)
Gold-Hahnenfuß (Ranunculus auricomus agg.)
Scharbockskraut (Ranunculus ficaria)
Wald-Ziest (Stachys sylvatica)
Große Sternmiere (Stellaria holostea)
Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana)
Charakteristische Tierarten (gemäß FFH- und VS-Richtlinie)
Säugetiere:
Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)
Wasserfledermaus (Myotis daubentonii)
Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros)
Vögel:
Weissrückenspecht (Dendrocopos leucotos)
Mittelspecht (Dendrocopos medius)
Schwarzspecht (Dryocopus martius)
Halsbandschnäpper (Ficedula albicollis)
Zwergschnäpper (Ficedula parva)
Grauspecht (Picus canus)
Käfer:
Hirschkäfer (Lucanus cervus)
Europa
Der Lebensraumtyp hat seine Hauptverbreitung in West- und Nordwesteuropa. Seine nördlichste Verbreitungsgrenze liegt in Südengland und Südschweden. Wo genau die Südgrenze des Areals liegt, ist aufgrund der graduellen Übergänge zu den mitteleuropäischen und subillyrischen Eichen-Hainbuchenwäldern nicht klar festzustellen.
Österreich
Dieser Lebensraumtyp kommt in den Tälern der größeren Flüsse des Nördlichen Alpenvorlandes, im Donautal und im Südöstlichen Alpenvorland vor. Neben dem Hauptverbreitungsgebiet in der kontinentalen Region Österreichs sind im Tiroler Inntal auch Vorkommen innerhalb der Alpen nachgewiesen.
Vorkommen in Natura 2000-Gebieten
AT1219000 Niederösterreichische Alpenvorlandflüsse
AT1304000 Bisamberg (Wiener Teil)
AT2230000 Teile des südoststeirischen Hügellandes inklusive Höll und Grabenlandbäche
AT2242000 Schwarze und Weiße Sulm
Status Rote Liste Österreich
- Mitteleuropäischer und illyrischer bodenfeuchter Eichen-Hainbuchenwald: stark gefährdet (2)
Status FFH-Richtlinie
Anhang I
Gefährdungsursachen
- Umwandlung der natürlichen Baumartenmischung
- Aufgabe der traditionellen Nutzung (Niederwaldwirtschaft)
- Invasion von standortsfremden (Baum-)Arten (z.B. Robinie, Götterbaum)
- Wildschäden
- Rodungen für Bauland- oder Landwirtschaftsflächen
- Schadstoffimmissionen (z.B. unmittelbare Schädigung der Vegetation durch Ozon)
- Klimawandel (z.B. Schwächung der Waldvegetation durch Extremereignisse wie Starkniederschläge, Trockenperioden, Stürme)
Mögliche Schutzmaßnahmen
- Förderung der natürlichen Baumartenmischung
- Förderung der Niederwaldwirtschaft (Umtriebszeiten ca. 30-35 Jahre; maximal 40 Jahre)
- Förderung einer abschnittsweisen Nutzung aneinander angrenzender Waldparzellen
- Förderung von stehendem Totholz
- Selektives Zurückdrängen von standortsfremden Arten
- Wildstandsregulierungen
Erhaltungszustand
Bewertung des Erhaltungszustands des Lebensraumtyps „9160: Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-Hainbuchenwald“ in den biogeographischen Regionen Österreichs für die Berichtsperiode 2007 – 2012:
Alpine Region | Verbreitungsgebiet | Lebensraumfläche | Strukturen & typische Arten | Zukunftsaussichten |
Einzelbewertung | günstig | günstig | ungünstig-schlecht | ungünstig-schlecht |
Trend | stabil | stabil | ||
Gesamtbewertung | ungünstig-schlecht | |||
Gesamttrend | stabil |
Kontinentale Region | Verbreitungsgebiet | Lebensraumfläche | Strukturen & typische Arten | Zukunftsaussichten |
Einzelbewertung | günstig | günstig | ungünstig-schlecht | ungünstig-schlecht |
Trend | stabil | stabil | ||
Gesamtbewertung | ungünstig-schlecht | |||
Gesamttrend | stabil |
Literatur
BfN (Hrsg.) (2016): Maßnahmenkonzepte für ausgewählte Anhangsarten und Lebensraumtypen der FFH -Richtlinie in der atlantischen biogeografischen Region. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/natura2000/Dokumente/9160_Sternmieren_Eichen_Hainbuchenwald.pdf [21.7.2017]
Baumgartner, L.; Hochbichler, E. (2015): Waldbauliche Empfehlungen für die Waldbewirtschaftung in Niederösterreich. Institut für Waldbau der BOKU im Auftrag des Amts der NÖ Landesregierung, Abteilung Forstwirtschaft (LF4). St. Pölten. 250 S.
Bußler, H. (2016): Eichenwälder und Biodiversität in der Windsheimer Bucht. In: AFZ-Der Wald 20/2016. S. 33-34.
Ellmauer, T. (Hrsg.) (2005): Entwicklung von Kriterien, Indikatoren und Schwellenwerten zur Beurteilung des Erhaltungszustandes der Natura 2000-Schutzgüter. Band 3: Lebensraumtypen des Anhangs I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Im Auftrag der neun österreichischen Bundesländer, des Bundesministerium f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und der Umweltbundesamt GmbH, Wien.
Essl, F., Egger, G., Ellmauer, T., Aigner, S. (2002): Rote Liste gefährdeter Biotoptypen Österreichs – Wälder, Forste, Vorwälder. Umweltbundesamt GmbH, Wien.
Faltl, W.; Riegert, C. (2014): Die Eiche im Bayerischen Staatswald. In: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) (Hrsg.) LWF Wissen 75. S. 48-52.
Gaertig, T.; Schack-Kirchner, H.; Hildebrand E.; Von Wilpert, K. (2002): The impact of soil aeration on oak decline in southwestern Germany. Forest Ecology and Management 159. S. 15-25.
Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt (Hrsg.) (o.J.): Leitfaden zur Bewirtschaftung des Landeswaldes unter naturschutzfachlichen Aspekten. 24 S.
Michiels, H.-G. (2014): Die Standorte der Traubeneiche. LWF Wissen 75. Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) (Hrsg.), Freising. S. 25-29.
Niedermann-Meier, S.; Mordini, M.; Bütler, R.; Rotach, P. (2010): Habitatbäume im Wirtschaftswald: ökologisches Potenzial und finanzielle Folgen für den Betrieb? Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 10/2010. S. 391- 400.
http://www.slf.ch/info/mitarbeitende/buetler/publications/SZF_161__2010__10_Niedermann-1.pdf [22.7.2017]
NLWKN (Hrsg.) (2009): Vollzugshinweise zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen sowie weiterer Biotoptypen mit landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Teil 1: FFH-Lebensraumtypen und Biotoptypen mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Feuchter Eichen- und Hainbuchen-Mischwald. Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz. Hannover. 16 S. unveröff.
Reif, A.; Gärtner, S. (2007): Die natürliche Verjüngung der laubabwerfenden Eichenarten Stieleiche (Quercus robur L.) und Traubeneiche (Quercus petraea Liebl.) – eine Literaturstudie mit besonderer Berücksichtigung der Waldweide. AFSV Forstliche Vegetationskunde Waldökologie online 5. Freising. S. 79 – 116.
Riek, W. (2006): Schadursachen bei Stieleiche – Bedeutung der Grundwasserabsenkung. https://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/waldbau/standort/fva_schaden_stieleiche/index_DE [24.7.2017]
Ruhm, W. et al. (2016): Die Eichen. Praxisinformation Nr. 41 BFW. Wien. S. 14-18.
Schütz, J.-P. (2005): Der Eichenwaldbau in der Schweiz. In: Bonfils, P.; Horisberger, D.; Ulber M. (Red.) 2005: Förderung der Eiche. Strategie zur Erhaltung eines Natur- und Kulturerbes der Schweiz. Hrsg.: proQuercus. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL. Bern. 102 S.
Treiber, R. (2002): Mittelwaldnutzung – Grundlage der Vegetationsdynamik und Artenvielfalt in Wäldern der südelsässischen Hardt – Entwicklungsphasen und ihre Bedeutung für die Xerothermvegetation. Naturschutz und Landschaftsplanung 34 (11). S. 334-345.
Wald und Holz NRW (Hrsg.) (2014): Empfehlungen zur naturnahen Bewirtschaftung von Stiel- und Trauben-Eichenbeständen in Nordrhein-Westfalen. Münster. 98 S.