Bechsteinfledermaus

Myotis bechsteinii (Kuhl, 1817)

© Oliver Gebhardt

© Oliver Gebhardt

Systematik

Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Ordnung: Fledertiere (Chiroptera)
Familie: Hufeisennasen (Rhinolophidae)

Hauptmerkmale

Bechsteinfledermäuse haben eine Flügelspannweite zwischen 25 und 29 Zentimetern, wiegen zwischen 7 und 14 Gramm und gehören daher zu den mittelgroßen Myotis-Arten in Europa. Die Ohren sind auffallend lang, sind breit mit spitzen Ohrdeckeln und stehen getrennt voneinander. Auch das Fell der Bechsteinfledermäuse ist verhältnismäßig lang. Die Myotis Bechsteinii gibt kurze, leise Ultraschallrufe von sich.

Lebensraum (Habitat)

Die Bechsteinfledermaus ist eine (Ur-)Waldfledermaus. Alte (mehr als 120-jährige) und strukturreiche Laub- und Mischwälder sowie große zusammenhängende Waldkomplexe zählen zu den wichtigsten Jagd- und Sommerquartieren. In Europa gilt sie als die am stärksten an Waldlebensräume gebundene Fledermausart.
Das Vorhandensein einer größeren Auswahl an Quartieren ist eine Voraussetzung für ein Vorkommen dieser Art. Als solche dienen hohle Bäume, Bäume mit Stammrissen sowie Faul- oder Spechthöhlen. Im Winter werden gerne naturbelassene Höhlen, Stollen in Steinbrüchen oder alten Bergwerken, Keller und Ruinen als Quartiere angenommen. Diese Art hat einen sehr kleinen Aktionsradius von maximal 1,5 Kilometer.

Biologie

Der Winterschlaf der Fledermäuse beginnt im Oktober/November, wobei die Tiere meist einzeln überwintern bei Temperaturen zwischen 3° und 7°C. Nach der Winterpause im März/April versammeln sich die Weibchen in so genannten Wochenstuben zur Jungenaufzucht. Die Art hat eine ausgesprochen geringe Fortpflanzungsrate (0,63 Jungtiere pro Weibchen und Jahr). Die Weibchen bringen ihre Jungen zwischen Mitte Juni und Mitte Juli zur Welt. Die Wochenstuben umfassen 10 bis 50 Weibchen. Alle zwei bis drei Tage werden die Quartiere gewechselt. Die Bechsteinfledermaus ist eine ortstreue Art mit traditioneller Jagdhabitatnutzung.
Bechsteinfledermäuse sind gleaning bats – sie lesen Beute von Oberflächen, wie Blättern, ab und jagen bevorzugt in bodennahen Waldschichten. Sie ernähren sich vor allem von kleinen Insekten, wie Fliegen, Mücken und Nachtfalten.
Bechsteinfledermäuse können bis zu 21 Jahre alt werden.

 

Österreich

Die Art kommt hauptsächlich im Tiefland von Ost-Österreich vor – einige wenige Vorkommen gibt es in den inneralpinen Tälern der Südalpen. Im Sommer konzentriert sich die Verbreitung auf niedrige Lagen während Winterquartiere vor allem im Osten und Nordosten liegen. Aufgrund des unvollständigen und sehr heterogenen Erfassungsgrades sind generelle Aussagen zur Sommer- und Winterverbreitung jedoch nur schwer möglich.

Verbreitung in Natura 2000-Gebieten

Quelle: Access-Datenbank der European Environment Agency; Stand Oktober 2017

Burgenland
AT1108813 Bernstein – Lockenhaus – Rechnitz
AT1110137 Neusiedler See – Nordöstliches Leithagebirge
AT1114813 Südburgenländisches Hügel- und Terrassenland

Niederösterreich
AT1204000 Donau-Auen östlich von Wien
AT1205A00 Wachau
AT1206A00 Weinviertler Klippenzone
AT1207A00 Kamp- und Kremstal
AT1208A00 Thayatal bei Hardegg
AT1211A00 Wienerwald – Thermenregion
AT1212A00 Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand – Schneeberg – Rax

Wien
AT1302000 Naturschutzgebiet Lainzer Tiergarten

Kärnten
AT2114000 Obere Drau
AT2120000 Schütt – Graschelitzen
AT2124000 Untere Lavant

Steiermark
AT2208000 Lafnitztal – Neudauer Teiche
AT2233000 Raabklamm
AT2243000 Totes Gebirge mit Altausseer See

Oberösterreich
AT3111000 Nationalpark Kalkalpen und Umgebung
AT3120000 Waldaist und Naarn
AT3121000 Böhmerwald und Mühltäler
AT3132000 Machland Nord

Status Rote Liste Österreich

gefährdet (VU)

Status FFH-Richtlinie

Anhang II und IV

Gefährdungsursachen

  • Mangel an geeigneten Habitaten aufgrund der Bindung an hohes Waldbestandsalter
  • Mangel an natürlichen Quartieren, Verlust von Wochenstubenquartieren
  • Besondere Gefährdung durch forstliche Maßnahmen, welche die Qualität ihres Lebensraumes beeinträchtigen (ausgeprägte Standorttreue)
  • Fragmentierung der Wälder durch Infrastrukturmaßnahmen
  • Kaum Austausch von Weibchen verschiedener Kolonien, Schutzbedürfnis jeder einzelnen Kolonie
  • Niedrige Fortpflanzungsrate, maximal 1 Jungtier/Jahr/Weibchen
  • Gefahr der Kollision mit Fahrzeugen durch teils niedrige Jagd-Flughöhe

Mögliche Schutzmaßnahmen

  • Strukturreiche Laub- und Mischwälder ab einem Bestandsalter von 120 Jahren erhalten
  • Natürliches Quartierpotenzial; großes Angebote an Baumhöhlen, Uraltbäumen langfristig erhalten
  • Gezielte Förderung der Eiche
  • Großflächige, unzerschnittene Waldbestände belassen

Erhaltungszustand

Bewertung des Erhaltungszustands für die Art „1323: Bechsteinfledermaus“ in den biogeographischen Regionen Österreichs für die Berichtsperiode 2007 – 2012:

Alpine Region Verbreitungsgebiet Population Habitatfläche & Habitatqualität Zukunftsaussichten
Einzelbewertung ungünstig-unzureichend ungünstig-unzureichend ungünstig-unzureichend ungünstig-unzureichend
Trend unbekannt unbekannt in Verschlechterung unbekannt
Gesamtbewertung ungünstig-unzureichend
Gesamttrend unbekannt

 

Kontinentale Region Verbreitungsgebiet Population Habitatfläche & Habitatqualität Zukunftsaussichten
Einzelbewertung ungünstig-unzureichend ungünstig-unzureichend ungünstig-unzureichend ungünstig-unzureichend
Trend unbekannt unbekannt in Verschlechterung unbekannt
Gesamtbewertung ungünstig-unzureichend
Gesamttrend unbekannt
Literatur

Bundesamt für Naturschutz (2001): „Fledermäuse im Wald“. Heft 4 der Schriftenreihe „Landschaft als Lebensraum“.
http://fledermaus-bayern.de/content/fldmcd/infomaterial_und_artikel/fledermaeuse_wald.pdf

Dietz, C.; Nill, D.; von Helversen, O. (2016): Handbuch der Fledermäuse: Europa und Nordwestafrika. Kosmos Naturführer. Stuttgart. 416 S.

Dietz, M. (Hrsg.) (2013): Populationsökologie und Habitatansprüche der Bechsteinfledermaus Myotis bechsteinii. Beiträge zur Fachtagung in der Trinkkuranlage Bad Nauheim, 25.-26.02.2011. 334 S.

Meschede, A.; Heller, K.-G. (2000): Ökologie und Schutz von Fledermäusen in Wäldern. Bundesamt für Naturschutz. Bonn-Bad Godesberg 2000. 374 S.

Reiter, G.; Bruckner, A.; Fritsch, G.; Kubista, C.; Pollheimer, M.; Hüttmeir, U. (2013): Distribution of Bechstein´s Bat, Myotis bechsteinii (Kuhl, 1817) in Austria. In: Dietz, M. (Hrsg.) (2013): Populationsökologie und Habitatansprüche der Bechsteinfledermaus Myotis bechsteinii. Beiträge zur Fachtagung in der Trinkkuranlage Bad Nauheim, 25.-26.02.2011. S. 175-190.

Spitzenberger, F. (2005): Rote Liste der Säugetiere Österreichs (Mammalia). In: Zulka, K. P. (Hrsg.): Rote Listen gefährdeter Tiere Österreichs Teil 1. Böhlau Verlag. Wien, Köln, Weimar. S. 45-62.

Steck, C.; Brinkmann, R. (2015): Wimperfledermaus, Bechsteinfledermaus und Mopsfledermaus – Einblicke in die Lebensweise gefährdeter Arten in Baden-Württemberg. Bern (Haupt-Verlag). 200 S.

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